Prävention von Ausbildungsabbrüchen durch frühzeitige individuelle Beratung

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Mit Beratung Ausbildungsabbrüche verhindern

Warum verharrt die Quote der vorzeitigen Auflösung von Ausbildungsverträgen im Dualen System der Berufsausbildung trotz einer Vielzahl von Initiativen und Programmen seit Jahren auf einem so hohen Niveau?

Und wie kann man mit Beratung präventiv gegen Ausbildungsabbrüche vorgehen?

Diesen Fragen widmeten sich Experten aus Ausbildungspraxis, Kammern, Arbeitsverwaltung und Wissenschaft auf der Fachkonferenz an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit.
 

Seit Anfang der 1990er Jahre schwankt die Quote für vorzeitige Vertragslösungen bundesweit zwischen 20% und 25%. Im Jahr 2011 wurden allein in Deutschland 149 760 Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst, was einer Quote von etwa 24,4 % entspricht.
Diese Zahl ist sehr hoch, wenn man bedenkt, welche Risiken die vorzeitige Auflösung eines Ausbildungsvertrages birgt. Für junge Menschen kann ein Ausbildungsabbruch weitreichende negative soziale, kulturelle und wirtschaftliche Folgen haben. Und insbesondere bei kleinen und mittelständischen Betrieben verursacht ein Abbruch oft nicht nur wirtschaftlichen Schaden, sondern wirkt sich auch negativ auf die Bereitschaft aus, Ausbildungsplätze anzubieten.
 

Über 350 Teilnehmer und Referenten aus Ausbildungspraxis, Kammern, Arbeitsverwaltung, Wissenschaft und Gewerkschaft kamen am 30. Oktober 2013 an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) zusammen, um sich auf der Fachkonferenz "Beratung als innovative Prävention von Ausbildungsabbrüchen" über Ursachen und Wirkung des Abbruchphänomens auszutauschen und der drängenden Frage nach möglichen Präventionsmaßnahmen und der Rolle der (Berufs-)Beratung hierbei nachzugehen.
"Die Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA) möchte sich als eine Plattform für wissenschaftliche Lösungsansätze und Strategien in Arbeitsmarktfragen weiterentwickeln", so der Rektor der Hochschule, Prof. Dr. Andreas Frey, in seiner Eröffnungsrede. Mit der Fachkonferenz bietet die HdBA ein Forum für einen längerfristig angelegten wissenschaftlichen Dialog rund um das Thema Ausbildungsabbrüche und möchte alle, die in der betrieblichen Berufsausbildung beteiligt sind, für diese Thematik sensibilisieren.
 

Nach der Eröffnung begrüßten zunächst auch Dorothea Engelmann, Leiterin Beratung/Orientierung /U25 im Geschäftsbereich Markt und Integration der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg, Rita Petry, Geschäftsbereichsleiterin der Berufsbildung der Handwerkskammer (HWK) Pfalz und Barbara Waldkirch, Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, die Gäste.
Jede betonte den hohen Stellenwert, den eine gute berufliche Orientierung zur Vermeidung vorzeitiger Ausbildungsabbrüche hat, zumal gerade die unzureichende berufliche Orientierung ein Grund für viele Abbrüche sei. Die Vertreterinnen der Kammern erläuterten dem Publikum außerdem kurz, welche Wege ihre Institutionen zur Prävention von Abbrüchen gehen und wo sie die Rolle der Beratung darin sehen.
 

In den anschließenden Fachvorträgen betrachteten die Referenten das Abbruchsphänomen aus unterschiedlichen Perspektiven und ermöglichten den Teilnehmenden der Konferenz dadurch einen umfassenden Überblick zu Ursachen und Wirkungen sowie möglichen Ansatzpunkten für Präventionsmaßnahmen gegen vorzeitige Ausbildungsabbrüche.
Die Gründe für den Abbruch liegen nicht immer nur allein in der Person des Auszubildenden begründet, das betonten auch die Referentinnen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Dr. Alexandra Uhly und Dr. Daniela Rohrbach-Schmidt. Außerdem gibt es zumeist nicht nur einen, sondern mehrere Gründe für Abbrüche, die sowohl im betrieblichen als auch im privaten Umfeld liegen können, so auch Dr. Lars Balzer vom Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung EHB IFFP IUFFP in der Schweiz. Jean-Jacques Ruppert vom Applied Vocational Psychology and Policy Research Unit (AVOPP) in Luxemburg äußert sich in Bezug auf die Ursachen von Abbildungsausbrüchen folgendermaßen: "Motivation ist ein bestimmendes und leitendes Element im Berufsausbildungsprozess". Till Mischler von der HWK Pfalz ist der Ansicht, es gäbe weniger Abbrecher, wenn die Auszubildenden rechtzeitig bei ihrer beruflichen Orientierung und der beruflichen Integration unterstützt würden. Auch die Betriebe dürften ein Interesse an diesen Maßnahmen haben, da bei jeder vorzeitigen Vertragslösung Kosten für den Betrieb entstehen. In den Augen von Dr. Britta Matthes vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schenkt die Wissenschaft der Qualität der Beratung bisher noch zu wenig Aufmerksamkeit. Die Quintessenz ihres Vortrags lautete: Ausbildungsabbrüche sind neben individuellen und strukturellen Ursachen berufsspezifisch.
Prof. Dr. Bernd-Joachim Ertelt (HdBA) fordert zur Lösung des Ausbildungsabbruch-Phänomens eine stärkere Einbeziehung wissenschaftlicher Ansätze und Theorien in der Beratungspraxis.
 

In seinem Vortrag zur Prävention von Abbrüchen durch Beratung stellte Herr Prof. Dr. Frey den Ansatz und die Inhalte des Projekts PraeLab (Prävention von Lehrabbrüchen) vor, welches Jugendliche nach ihren Schlüsselkompetenzen und Ausbildungsabbruchrisiken fragt. Dadurch können Auszubildende mit über- oder unterdurchschnittlichen Kompetenzen und latenten und/oder hohen Abbruchrisiken identifiziert werden. Geschulte Berufschullehrer und Berater unterstützen und begleiten diese Auszubildenden bei der Entscheidungsfindung und Problemlösung.
 

Dass Beratung aber auch die dazugehörige Netzwerkarbeit aller an der Berufsausbildung beteiligten Akteure zentrale Elemente sind, um Ausbildungsabbrüche zu verhindern, darüber sind sich nicht nur die Referenten sondern auch die Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion einig. Die Leiterin der Berufsausbildung der Handwerkskammer Pfalz, Rita Petry, der Geschäftsführer der Berufsausbildung der Industrie- und Handelskammer (IHK), Harald Töltl, der Bundesvorstandsvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Berufsausbilder e.V. (BDBA), Dr. Axel-Michael Unger, Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Dr. Wilhelm Adamy und der Berufsberater U 25 und Praelab-Experte in der Praxis, Peter Anhäuser diskutierten unter der Moderation von Herrn Prof. Dr. Frey über die Schlüsse, die aus den neu gewonnenen Eindrücken und Erkenntnissen aus den Fachvorträgen für die Praxis gezogen werden sollten.

 
Nicht nur die Experten im Bereich Arbeitsmarkt- und Berufsberatung, auch die Studierenden der HdBA befassen sich als zukünftige Fachkräfte der Bundesagentur für Arbeit mit dem Thema Beratung als mögliche Prävention von Ausbildungsabbrüchen.

Zum Abschluss der Fachkonferenz wurde Julia Remigius, Absolventin der HdBA, durch Prof. Dr. Bernd-Joachim Ertelt mit dem von ihm gestifteten "Preis für die Förderung der Wissenschaft in der Berufsberatung" ausgezeichnet. Für Ihre herausragenden Leistungen in Ihrer Bachelorthesis wurde sie vom Publikum mit großem Beifall gefeiert.
 

Als Fazit der Fachkonferenz betonte Herr Prof. Frey, dass das Thema Ausbildungsabbrüche ein mehr perspektivisches Problem darstellt, welches über verschiedene Zugänge angegangen werden muss. Hierzu sei es notwendig alle Akteure, die den Jugendlichen während seiner Ausbildung begleiten, für die Problematik zu sensibilisieren. Rechtzeitige und fundierte Beratung sowie die intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten könne Ausbildungsabbrüche verhindern.

Die Hochschule der Bundesagentur für Arbeit hat mit der Fachkonferenz "Beratung als innovative Prävention von Ausbildungsabbrüchen" hierzu einen ersten Beitrag geleistet. 

   

Beiträge zur Fachkonferenz:

Vortrag Till Mischler, HWK

Vortrag Prof. Dr. Frey / Prof. Dr. Ertelt, HdBA

Vortrag Prof. Dr. Ertelt, HdBA

Vortrag Prof. Dr. Ernst Deuer, DHBW

Vortrag Dr. Balzer, EHB,IFFP, IUFFP

Vortrag Jean-Jacques Ruppert, AVOPP

Vortrag Dr. Rohrbach-Schmidt / Dr. Uhly, BiBB

Poster Praelab Beratung

Poster Praelab Ausbildungsabbrüche

 

 

Hier finden Sie das ausführliche Programm.